Stellungnahme zum "Killerspiele-Verbot"

Die schrecklichen Vorfälle in Winnenden lassen uns alle mit einem Gefühl der Ratlosigkeit zurück; niemand versteht so recht, was einen jungen Menschen zu so einem schrecklichen Tun treibt. Die schiere Gewalt der Tat entsetzt, das Mitgefühl mit den Opfern und ihren Angehörigen sollte eigentlich sprachlos machen.

Umso schlimmer und pietätloser, wenn schon jetzt versucht wird, sich mit wohlfeilen Erklärungen und billigen Lösungsangeboten Popularität zu verschaffen, wie dies einige Politiker und selbsternannte Experten nun wieder tun.

Angeschuldigt sind - es ist scheinbar unvermeidlich - wieder einmal die so genannten "Killerspiele", deren Verbot das Problem der Amokläufe auf einfache und scheinbar kostenlose Weise lösen soll. Leider können wir dazu nun auch nicht mehr schweigen, wie uns das die Trauer eigentlich geböte.

Wir nennen die "Killerspiele" lieber Ego-Shooter weil wir, die Spieler, uns darin durch teilweise recht kunstvoll gestaltete virtuelle Welten bewegen, die wir aus einer Perspektive sehen, die beim Film "subjektive Kamera" heißt und dabei mit virtuellen Waffen auf ebenso virtuelle Gegner schießen, die von anderen Spielern gesteuert werden.

Uns kommt es dabei nicht darauf an, dass Pixelblut spritzt - das zeigt nur an, dass wir getroffen haben oder getroffen wurden. Wir konzentrieren uns auf das Spielgeschehen, auf unsere Bewegungen, auf taktische Winkelzüge, auf unsere Teampartner und Gegner. Und auch wenn das Spielgeschehen für Außenstehende blutig ausschauen mag - blutrote Pixel sind es nicht, die uns anziehen. Wir wollen nur unsere Geschicklichkeit mit anderen messen, so wie das jeder Sportler auch tut.

Ego-Shooter sind nichts anderes als ein Räuber- und Gendarmspiel auf einer virtuellen Ebene, ein Hobby, das reine Geschmackssache ist. Das Schießen auf Pixelmännchen tut keinem wirklichen Menschen weh. Dass es irgendeinen kausalen Zusammenhang zwischen solchen Spielen und realer Gewaltanwendung gibt, bestreiten wir. Den Ego-Shooter "Counterstrike" spielen nach glaubhaften Angaben des Herstellers "Valve" weltweit ca. 11 Millionen Menschen. Wie viele davon werden wohl durch Amokläufe auffällig? 0,0001%?

Entgegentreten möchten wir auch dem Eindruck, Ego-Shooter seien eine Angelegenheit ausschließlich für sozial isolierte, pubertierende männliche Jugendliche. Wir sind mehrheitlich über 25, wir achten auf den Jugendschutz, indem wir Leute unter 18 gar nicht zulassen und auch Frauen sind bei uns geschätzte und gefürchtete Mitspieler. Um unsere spielerischen Aktivitäten ranken sich zahlreiche soziale Kontakte. Wir tauschen uns in Foren aus und wir treffen uns im realen Leben.

Wir sind reife, verantwortungsvolle Erwachsene, die mitten im Leben stehen; fast alle von uns gehen einem Beruf nach, viele haben Familie. Und der Gedanke, dass uns Irgendjemand kraft überlegener Weisheit vorschreiben will, ob wir in unserer Freizeit in virtuellen Welten mit virtuellen Waffen auf virtuelle Gegner schießen dürfen, macht uns aggressiver als dies irgendein Killerspiel könnte.

 

(Senior Fight Club, 16. März 2009)